Geschichte

Die bauernbarocke Dorfkirche zu Hormersdorf

Wann die Kirche erbaut wurde, ist leider nicht überliefert. Sie ist wahrscheinlich in ihrem ältesten Teil schon zur Ortsgründung entstanden. Wir gehen davon aus, dass sie Ende des 13. Jh. angefangen wurde.

 

Besiedelt wurde Hormersdorf um 1200. Vermutlich war die erste Kirche im Dorf nur eine kleine hölzerne Wegkapelle. Später, vielleicht im 14. oder 15. Jahrhundert, baute man die Kirche, die heute noch steht. Im Mittelalter umgab sie und den Kirchhof eine kreisrunde dicke Mauer mit einem Eingangsturm. Die ganze Anlage trug den Charakter einer Wehrkirche. Sie war vermutlich dem hl. Hieronymus geweiht (siehe auch das dritte Bild an der hinteren oberen Empore). Ein Teil dieser Mauer steht noch und man kann sich gut vorstellen, wie das Ganze einmal ausgesehen haben mag.

Auch heute noch ist das Kirchlein mit seinem barocken Dachreiter sehenswert.

 

Viele Um- und Anbauten machten sich im Laufe der Jahrhunderte an der Kirche erforderlich.

 

Die ersten umfangreichen Baumaßnahmen, die zeitlich eingeordnet werden können, stammen aus Aufzeichnungen von 1708. In der „Kirchen-Galerie Sachsens“ ist zu lesen, dass die Kirche damals gänzlich renoviert und repariert wurde. Ein „steinerner Schwibbogen“ wurde bei diesen Baumaßnahmen herausgerissen und die gesamte Innenausstattung erneuert.

 

1726 mussten dann der Turm und das Kirchendach erneuert werden, da das Balkenwerk verfault war.

 

Ums Jahr 1756 wurde  der Chor über der Halle zum Haupteingang (im Volksmund „Bäcken-Loge“) mit 6 Ständen (vorderen Sitzplätzen) gebaut.

 

1818 erfolgte der Ein- und Anbau einer „neuen Capelle neben dem Schulchore“. Sie befindet sich links von der Orgel und wird heute während des Gottesdienstes als „Familienzimmer“ genutzt. Eltern mit kleinen Kindern haben in diesem Raum die Möglichkeit, über Lautsprecher und Monitor den Gottesdienst mitzuverfolgen, während die Kleinen spielen können.

 

Eine weitere große Bauphase begann im Sommer 1829. Damals hieß es, dass durch „die letzte und gründlichste, sicherlich auch kostspieligste Reparatur … das hießige Gotteshaus unstrittig in eine der hellsten und freundlichsten Landkirchen im Innern umgewandelt worden ist“. So ist es in der „Sächsischen Kirchen-Galerie“ zu lesen. Man hatte ein neues Fenster ausgebrochen und die vorhandenen Fenster erweitert. Die Emporenmalereien waren aber leider weiß übertüncht worden. Bei dieser Baumaßnahme vertiefte man den Altarbereich um ½ Elle. Dabei stieß man auf ein altes Grab, in das zuletzt Pastor Wagner in der Zeit des Schwedenkrieges (Dreißigjähriger Krieg 1618-1648) eingesenkt worden war.

 

1885 gab es ein großes Baugeschehen, in das auch der Turm einbezogen war.

 

1914 erfolgte wieder eine umfangreiche Innenraum- und Orgel-Renovierung, bei der die Malerei an den Emporenbrüstungen wieder zum Vorschein kam.

 

1959-1962 erfolgte die umfangreichste Innenrenovierung in der neueren Zeit. Diesmal wurde u. a. die Bauernmalerei restauriert. Mittelpunkt des Kirchenraumes ist immer der Altar. Verschiedene Gestaltungen des Hormersdorfer Altars sind auf den ersten Bildern zu sehen. Bereits kurz nach 1708 hatte Gottfried Ullrich, Bildhauer aus Zwönitz, den Altar (und den Taufengel) gestaltet. Wie er damals ausgesehen hat, ist unklar. Jedoch die Säulen, welche bis 1959 auf dem Altar standen, sind noch erhalten. Der jetzige Altaraufbau (vermutlich von 1668) stand bis zur Renovierung 1960-62 in der St. Blasiuskirche in Niederzwönitz und wurde unentgeltlich überlassen. Bei der Aufstellung in der Hormersdorfer Kirche wurde das bisherige Bild durch einen Aufsatz, ergänzt. Am 21. Oktober 1962 konnte die erneuerte Kirche von Landesbischof Dr. Noth feierlich geweiht werden.

 

1985 stellte man die Hormersdorfer Kirche unter Denkmalsschutz.

 

Weitere Baumaßnahmen und Reparaturen sind seitdem realisiert worden. 1991 wurde nach erfolgter Restaurierung die Turmkugel mit dem Kreuz wieder aufgesetzt. Schon von Weitem kann man sie im Sonnenlicht glänzen sehen.

 

Pfarrer Schwerdfeger 1899: „Auch ist zu bemerken, dass sich in Hormersdorf die Beschaffung neuer Glocken nötig machte, da im Mai kurz nacheinander die Kleine und Mittlere, angeschafft 1817 und 1818 und gegossen bei Horn in Chemnitz, gesprungen waren, die Letztere beim Einläuten des Pfingstfestes.“ Mit dem Einbau eines eisernen Glockenstuhles konnten nun drei neue Glocken aufgezogen werden. Doch der Krieg schlug auch hier Wunden. Am 5.1.1942 wurden die beiden Großen abgenommen. Doch wenige Jahre später konnte die mittlere neu gegossen und die Große, die nach Aussage des Glockenbuchs Sachsen aus Jahnsbach stammt, wieder eingeweiht werden.

 

Dass es schon sehr früh eine Kirchturmuhr gegeben hat, ist aus den Aufzeichnungen ersichtlich.

1828 gibt es eine neue und 1886 wird ein zweiter Zeiger dazu beschafft. 1928 wird dann die heutige von der Firma Hahn aus Zwickau mit einem elektrischen Uhrwerksaufzug eingebaut.

 

Die jetzige Sakristei gehört zum ältesten Stück des Gotteshauses.

Ein alter Ausgussstein stammt aus vorreformatorischer Zeit.

Früher wurde dort der restliche Wein vom Abendmahl hineingegossen. Der Wein beim Abendmahl symbolisiert das „Blut“ von Jesus Christus, d. h. seine Lebenshingabe. Es bedeutet den neuen Bund Gottes mit den Menschen.

Christus ist darüber hinaus das Fundament, auf das sich die Gemeinschaft der Kirche überall und zu allen Zeiten gründet.

Indem man den übrigen Abendmahlswein in das Fundament, in die Grundmauer der Kirche laufen ließ, sollte dies zum Ausdruck kommen.

Ebenfalls in der Sakristei befindet sich ein hölzerner Torso aus dem 12. oder 13. Jahrhundert – der Körper des Gekreuzigten. Diese sehr ausdrucksstarke Darstellung erinnert an Worte, die eine Nonne in einem spanischen Kloster im 14. Jahrhundert aufgeschrieben haben soll:

 

Christus hat keine Hände,

      nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.

Er hat keine Füße,

      nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.

Christus hat keine Lippen,

      nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.

Er hat keine Hilfe,

      nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.

Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest.

Wir sind Gottes Botschaft in Taten und Worten.

Was aber,

      wenn unsere Hände mit anderen Dingen beschäftigt sind als mit den seinen?

      Wenn unsere Füße dahin gehen, wohin die Sünde zieht?

      Wenn unsere Lippen sprechen, was er verwerfen würde?

Erwarten wir, ihm dienen zu können, ohne ihm nachzufolgen?

 

Die zweigeschossigen Emporen sind, wie die Orgelempore auch, mit bäuerlicher Malerei versehen. Die Bilder an den Emporbrüstungen stammen aus der Zeit um 1730.

Sie zeigen auf der unteren Empore die Propheten, auf der oberen Empore die Apostel (Seitenempore) und die Evangelisten (hintere obere Empore). Diese biblischen Figuren symbolisieren die Geschichte Gottes mit uns Menschen. Sie vertreten seine Zuwendung, wie sie in der Bibel überliefert ist.

Die biblischen Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes sind die Verfasser der Evangelien (Evangelium = gute Nachricht von Jesus Christus).

Die Propheten stehen für den Ersten Bund (Altes Testament), die Apostel und Evangelisten für den Zweiten Bund (Neues Testament).

Jesus Christus verbindet das Alte mit dem Neuen, mit ihm ist die Erfüllung des angekündigten Heils gekommen.

Links neben ihm ist Johannes der Täufer (Baptist = Täufer) zu sehen, der als der Wegbereiter des Christus gilt.

Daneben ist dann noch der hl. Hieronymus sowie ganz links die Porträts des Reformators Martin Luther und des Pfarrers Timotheus Thiele zu sehen. Letzter betreute die Ortsgemeinde von 1726-1756. Offenbar war hinter dem Bild der Platz seiner Frau. Damals gab es eine strenge Sitzordnung – in einem Stuhlverzeichnis festgelegt.

 

Luther und Thiele stehen dafür, dass Gott auch weiterhin Geschichte schreibt und die Frohbotschaft von Jesus Christus ausgebreitet wird.

 

Man erzählt, dass die Porträts der Apostel und Evangelisten Hormersdorfer Bürgern ähnelten. In früheren Zeiten konnte man sich als Einwohner gegen eine bestimmte Geldsumme porträtieren lassen. Offenbar besaßen die Abgebildeten auch die betreffenden Stühle bzw. Bankplätze.

 

Die Gesichter auf der Brüstung der ersten Empore (Propheten) sind dagegen so gemalt, wie man sich jüdische Gesichter stilisiert vorgestellt hat.

 

Es fällt auf, dass von den Aposteln („Ausgesandte“) einige Namen fehlen. Nicht vertreten ist Judas Iskariot, der nach der Passionsgeschichte seinen Herrn verriet. Ebenfalls hat man einen der  beiden Jakobus’ eingespart.

Dagegen ist Paulus mit aufgeführt. Er zählt zwar nicht zu den Zwölf, heißt aber „der Völkerapostel“, weil er das Evangelium für alle Menschen zugänglich gemacht hat und über die Grenzen des jüdischen Volkes hinaus verbreitet hat. Auf seine Autorität wollte man nicht verzichten.

Offenbar geht es nicht um die Vollständigkeit der Liste, sondern um die Symbolzahl 12. In der Bibel ist es die Zahl der Vollkommenheit und Vollständigkeit: Zwölf Söhne hatte Jakob, von daher zwölf Stämme Israels; zwölf Apostel – durch die Wahl des Matthias wurde die Lücke durch Judas wieder ergänzt; zwölf Grundsteine und zwölf  Tore des himmlischen Jerusalems u.a. (vgl. auch zwölf Monate, je zwölf Stunden des Tages und der Nacht).

 

Aber auch andere biblische Themen sind dargestellt.

Die Bilder an der Orgelempore auf beiden Seiten des Altars sind deutlich jünger. Sie lassen sich hebräisch – von rechts nach links – als Bilder der „Urgeschichten“ der Bibel lesen.

Die „Urgeschichten“ finden sich auf den ersten Seiten der Bibel, 1. Buch Mose (Genesis) in den Kapiteln 1-11.

Die Bilder im Einzelnen (von rechts nach links):

 

Schöpfung des Lichts (1. Mose 1)

Schöpfung der Tiere (1. Mose 1)

Adam und Eva im Paradies – der „Sündenfall“ (1. Mose 3)

Kains Brudermord an Abel (1. Mose 4, 1-16)

Die Sintflut (1. Mose 7-8 )

Noah bringt Gott sein Dankopfer nach der Sintflut (1. Mose 8,20 ff)

Ein siebentes Bild musste dem Altarbild weichen und hängt jetzt hinter dem Altar an der Wand: 

 

    7. Der Turmbau zu Babel (1. Mose 11,1-11)

 

Weitere biblische Illustrationen gibt es an der hinteren unteren Empore von links nach rechts:

 

   1.  Zeige mir, Herr, deinen Weg deiner Rechte. (Psalm 119)

   2.  Zwei Menschen bewegen sich im Labyrinth. Der eine wird geführt. Er ist durch ein Halteseil verbunden mit einem Engel.

   3.  Das Gottesgericht. Es ist das einzige doppelte Bild in unserer Kirche und unterstreicht die Bedeutung der Thematik.   Gott Vater sitzt auf dem Richtersessel. Vor ihm die Aussage: „Alhier ist kein Pardon“. Der Ankläger in Form des schwarzen Wesens (der Teufel) weist auf die Tafeln des Mose und somit sind die Menschen unter dem Gesetz. Doch da gibt es ja noch jemand: Jesus Christus als Herrscher im Himmel. Wer sich zu ihm bekennt, den spricht er frei. Die Aussage des Pfarrers mit Richtung nach oben: „Dort ist der Heiden Thron“, sagt uns, dass nicht nur wie ursprünglich allein die Israeliten, sondern alle Menschen zu ihm kommen können.

   4.  Mein Herz bleibe rechtschaffen in deinem Recht. (Ps. 119)

 

Drei Figuren zeigt das Bild: rechts ein Engel mit den Gebotstafeln, auf denen statt der Gebote zwei Herzen zu sehen sind. Links neben ihm kniet ein Mensch, der sein Herz auch dranhängen möchte. Mit der Linken löst er sich von einem vergitterten Fenster, hinter dem ein „schwarzer Engel“ entfernt steht.

 

   5. Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth. (Ps. 83)

 

Ein Mensch breitet seine Arme aus. Er öffnet sich dem Himmel und der Erde. Beides sind Wohnorte Gottes.

 

Inmitten der Deckenmalerei steht der hebräische Schriftzug des Gottesnamens „Jahwe“. Er bedeutet soviel wie: „Ich bin, der ich sein werde“ oder auch „Ich bin für euch da“.

 

Vorn zentral, um eine Stufe erhöht befindet sich der Altar.

 

Der barocke Altaraufbau stammt aus St. Blasius / Zwönitz. Er wurde 1961 der Hormersdorfer Kirche unentgeltlich überlassen. Zwischen zwei Säulen befindet sich das Altargemälde mit Abendmahl und Kreuzigungsszene. Den Altarabschluss bildet eine Strahlenglorie die von einem Dreieck ausgeht, ein Symbol für die Dreifaltigkeit Gottes.

Seit Jahrhunderten dient der Altar den Menschen als Sinnbild für die Nähe Gottes. Im Gottesdienst ist er der Ort, an dem Gott im Gebet angerufen wird mit Dank und Lob, Klage und Bitte, an dem Schuld abgeladen, von wo aus Vergebung zugesprochen und der Segen empfangen wird.

Ein ehemaliges Altargemälde hängt in einer Wandnische gegenüber dem Haupteingang. Es wurde 1910 von dem Kunstmaler „Alfred Hofmann – Stollberg“ geschaffen.

Im Vordergrund zeigt es eine Andacht im Freien, im Hintergrund ist das Hormersdorfer Kirchlein zu sehen.

 

Auf der rechten Seite im Altarraum befindet sich die Kanzel im wunderschönen Stil des Bauernbarock.

 

Wer zur Tür eintritt, der muss zuerst am Taufstein vorbeigehen. So werden wir erinnert, dass die Taufe der erste Schritt des Glaubens ist.

Bei Umbauarbeiten fand man 1827 einen ehemaligen „Weihkesselstein“, der dann zum Taufstein umgearbeitet wurde. Die zinnerne Taufschale enthält die Jahreszahl 1732. Sie wurde gestiftet, nachdem die bisherige mit den Leuchtern und dem gesamten Abendmahlsgerät gestohlen worden war.

Die Haube auf dem Taufstein wurde 1962 angefertigt.

Seit Weihnachten 2002 ziert jeweils zum Fest ein von Schnitzern geschaffener Verkündigungsengel den Deckel des Taufsteins.

 

Seit 1962 gehört auch das separate Lesepult zur Innenausstattung.

 

1711 wurde der schwebende Taufengel („… so mit den eisernen Stäben und Zubehör auf 14 Taler kommt…“) vom Schnitzer Gottfried Ullrich aus Zwönitz im Zuge einer Umgestaltung in der Mitte der Hormersdorfer Kirche aufgehangen. Anlässlich von Taufen konnte dieser abgesenkt werden. Ab 1830 wurde er auf dem Dachboden eingelagert. 1935 erfolgte die Umgestaltung von Hormersdorfer Schnitzern zu einem Weihnachtsengel mit dem Schriftzug "Friede auf Erden" und hing vor der Orgel. Dabei ist wahrscheinlich auch die Armstellung verändert worden. 1960 wurde er erneut eingelagert. 2018 erhielt der Zwönitzer Restaurator Frank Salzer den Auftrag diesen, nach originaler farblicher Gestaltung wieder herzustellen. Dass er dann wieder in der Kirche seinen Platz fand, ist selbstverständlich.

 

Der Altarplatz mit Altar, Kanzel, Taufstein und Lesepult ist mitten in der Gottesdienstgemeinde angeordnet. Dadurch wird deutlich: Gott und sein Wort gehören mitten unter die Menschen. Er ist mittendrin dabei.

 

Ungewöhnlich: Über dem Altar auf der Empore und zur direkten Sicht für die Gottesdienstbesucher befindet sich die „Königin der Musikinstrumente“.

Die jetzige Orgel stammt von der Firma Voigt / Bad Liebenwerda. Der Prospekt stammt noch von einer ehemaligen Steinmüller-Orgel (Orgelbauer aus Grünhain) von 1830. 1915 kam eine Werksorgel der Firma Eule in die Kirche. Dazu musste ein Anbau an die Kirche ausgeführt werden. Schon in den ersten Aufzeichnungen über die Hormersdorfer Kirche im Jahre 1708 wird ein Orgelwerk erwähnt.